Value Kolumne von Hans Peter Schupp
19. NOVEMBER 2025
Wenn Politiker ihr Adressbuch monetarisieren
Hans Peter Schupp, Vorstand der Fidecum AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds (ISIN: LU0370217092) über die Betätigung ehemaliger Politiker als Manager in Unternehmen.
Wenn Politiker ihr Adressbuch monetarisieren, ist dies ein Anlass für Investoren, vorsichtig zu werden.
Der Wechsel des ehemaligen Finanzministers Christian Lindner in den Vorstand des Autohändlers Autoland, der nun sogar einen Börsengang ins Auge fasst, ist ein guter Anlass, auf frühere politische Seiteneinsteiger ins Management zu blicken. Die Bilanz solcher Wechsel fällt überwiegend ernüchternd aus.
Roland Koch, ehemaliger hessischer Ministerpräsident, war von März 2011 bis August 2014 Vorstand beim Baukonzern Bilfinger und wollte dort innerhalb weniger Jahre das Konzernergebnis verdoppeln. Das gelang nicht, der Aktienkur fiel um 15 Prozent. Koch hatte offenbar geglaubt, ein Baukonzern ließe sich ähnlich führen wie eine Koalitionsrunde.
Sigmar Gabriel verkündete als Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssenkrupp Steel große Ziele, strauchelte jedoch bei den Kernaufgaben eines AR-Chefs. Nachdem es ihm nicht gelungen war, Konflikte rund um die Restrukturierung der Stahlsparte zu entschärfen, trat er zurück. Werner Müller, gefeiert für die Sanierung der RAG, brachte die daraus hervorgegangene Evonik zu einem Börsenkurs an den Markt, der sich für Aktionäre eher als Hochglanzversprechen denn als nachhaltige Wertanlage erwies. Und selbst Lothar Späth – Sanierer-Ikone von Jenoptik – steuerte als oberster Aufpasser der CaatooSee AG das Unternehmen eher Richtung Insolvenzregister als auf Erfolgskurs.
Dass politische Seiteneinsteiger im Management nicht automatisch Wert schaffen, zeigt eindrucksvoll eine der umfassendsten internationalen Studien zu diesem Thema: Jun-Koo Kang & Le Zhang („From Backroom to Boardroom“) untersuchten US-börsennotierte Unternehmen und die Rolle ehemaliger Regierungsvertreter in ihren Vorständen. Ihr Ergebnis ist eindeutig: In Branchen, in denen politische Kontakte keinen operativen Nutzen haben – also dort, wo es nicht um Regulierung, Staatsaufträge oder Genehmigungsprozesse geht – wirken Ex-Politiker im Board klar kontraproduktiv. Die Studie dokumentiert schwächere operative Ergebnisse, schlechtere Managementkontrolle und problematische strategische Entscheidungen.
Warum Politiker oft keine guten Unternehmer sind.
Politische Karrieren basieren auf Netzwerken, Kompromissen und Proporz – Erfolg entsteht durch das Ausbalancieren von Interessen, das Schmieden von Allianzen und das Gewinnen öffentlicher Zustimmung.
Unternehmerische Erfolge beruhen dagegen auf der Bereitschaft, auch unbequeme, aber notwendige Entscheidungen rechtzeitig zu treffen.
Die Quintessenz für Investoren.
Wir meiden Unternehmen, die sich an prominente Politiker binden oder deren Namen als Aushängeschild nutzen. Wo Prominenz im Vordergrund steht, fehlt häufig unternehmerische Substanz. Und wenn das Adressbuch eines Politikers wichtiger wird als seine Managementkompetenz, ist das Risiko groß, dass am Ende nicht das Unternehmen profitiert – sondern nur der Prominente.
Unser Investment-Ansatz
Seit 25 Jahren folgt der Contrarian Value Euroland Fonds (ISIN: LU0370217092) konsequent dem Grundsatz, in unterbewertete europäische Unternehmen mit solidem Geschäftsmodell und langfristigem Potenzial zu investieren. Wir agieren wie Unternehmer, die eine ganze Firma erwerben würden – und sind bereit, uns, wenn nötig, gegen die Marktmeinung zu stellen.
Der Autor:
Hans Peter Schupp, Vorstand der Fidecum AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds.