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Value Kolumne von Hans Peter Schupp

30. AUGUST 2023

Aktien, Schweinepreise und der Paternoster

Sind Sie schon mal mit einem Paternosteraufzug durch den Keller gefahren? Ich auch nicht. Aber ein weiser Ökonom – John Kenneth Galbraith, dem wir nebenbei unseren Marshall Plan zu verdanken haben – formulierte: „Die Börse ist ein Paternoster: Es ist ungefährlich, durch den Keller zu fahren. Man muss nur die Nerven behalten.“

„Wir haben ein Faible für Achterbahn-Aktien“

Diese Analogie erklärt perfekt unseren Investmentansatz. Wir haben ein Faible für Achterbahn-Aktien, die von Zyklen betroffen sind. Vor allem für solche, bei denen eine Kehrtwende absehbar ist.

Eine typische Paternoster-Aktie ist Euronav, ein belgisches Schifffahrtsunternehmen, welches sich auf Öltanker spezialisiert hat. Die Charterraten dieses Reeders sind völlig unabhängig vom Ölpreis, sie bestimmen sich nur aus dem Angebot der verfügbaren Flotte an Öltankern. Der Benchmark Preis für einen solchen Tanker wird aus den sogenannten Suezmax Rates abgeleitet, dem Tagespreis für das größte Schiff, das im beladenen Zustand den Suezkanal durchfahren darf.

Extreme bei den Charterraten

Die Charterraten für ein solches Suezmax-Schiff variierten in der Vergangenheit zwischen US $ 20.000 und US $ 100.000 und sind rein angebotsabhängig. Sind viele Tanker aktiv, sinken die Charterraten. Aufgrund des Überangebots und angesichts der niedrigen Frachtraten gibt es kaum mehr neue Aufträge für die Werften um neue Tanker zu bauen. Werden dann veraltete – nicht mehr effiziente -Schiffe vom Markt genommen, gibt es eine Knappheit an Öltankern, da auch die Werften keine neuen Schiffe liefern können. Aufgrund des nunmehr eingetretenen Engpasses steigen dann wieder die Frachtraten, was zu einer erhöhten Auftragsvergabe an die Werften und damit mittelfristig zu einem Überangebot an Schiffen führt.

Die Vorteile im Auf und Ab des „Schweinezyklus“

In den Wirtschaftswissenschaften ist diese periodische Schwankung der Angebotsmenge und des Marktpreises lange bekannt und wird als „Schweinezyklus“ bezeichnet. Der Name stammt daher, dass dieser Rhythmus erstmals 1927 in einer agrarwissenschaftlichen Dissertation über die Entwicklung von Schweinepreisen nachgewiesen wurde.

Jede Krise wird für Akquisitionen genutzt

Für den Fidecum Contrarian Euroland Fonds haben wir in den letzten 15 Jahren schon dreimal diesen „Schweinezyklus“ bei Öltankern erfolgreich genutzt, indem wir in der Euronav Aktie für ein oder zwei Jahre investiert waren. Euronav hat den Charme, dass die Familie Savery – mit mehr als 200 Jahren Erfahrung als Reeder – die Gesellschaft führt und konsequent jede Krise nutzt um Wettbewerber oder deren Schiffe zu übernehmen.

Wir haben Euronav nur exemplarisch genannt. Zurzeit investieren wir nicht in diese Gesellschaft. Aber für deren nächste Krise sind wir vorbereitet; denn was hat uns John Kenneth Galbraith empfohlen: „Die Börse ist ein Paternoster: Es ist ungefährlich, durch den Keller zu fahren. Man muss nur die Nerven behalten.“

Der Autor: Hans Peter Schupp ist Vorstand der FIDECUM AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds