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Value Kolumne von Hans Peter Schupp

4. Januar 2024

2024: Zinsfreuden und Konjunktursorgen

2023 war unter dem Strich ein gutes Aktienjahr und hat unsere Erwartungen erfüllt. Es hat zwar Nerven gekostet, aber die Märkte zeigten sich zuletzt wieder freundlich, so dass man auch optimistisch ins neue Jahr schauen kann. Aber nicht zu optimistisch, denn auch im Jahr 2024 lauern wieder einige Gefahren.

Zinsen runter, Konjunktursorgen bleiben

Fangen wir mit dem Positiven an. Wenn Zinsen der natürliche Feind der Aktien sind, verliert der Feind 2024 an Wehrkraft. Die Inflation hat nachgelassen, und es wird marktbreit mit fallenden Zinsen gerechnet, auch wenn EZB-Chefin Christine Lagarde immer wieder betont: „Über Zinssenkungen haben wir nicht gesprochen.“ Noch nicht, sollte man wohl besser sagen. Wie dem auch sei: Laut einer Reuters-Umfrage werden die europäischen Aktienmärkte im Jahr 2024 einen bescheidenen Anstieg verzeichnen, da der Optimismus, dass die globalen Zinssätze ihren Höhepunkt erreicht haben, durch die Sorge, dass die Wirtschaft in eine Rezession fallen könnte, ausgeglichen wird.

Vor allem in Deutschland hat sich der Konjunkturausblick zuletzt weiter eingetrübt. Die jüngsten Frühindikatoren deuten auf eine anhaltende Konjunkturdelle hin. Zuletzt hatte der Einkaufsmanagerindex enttäuscht, besonders im Bereich der Dienstleistungsunternehmen: Statt des erwarteten leichten Anstiegs kam es zu einem moderaten Rückgang des Index, der sowohl für die Industrie als auch für den Dienstleistungsbereich ein Schrumpfen der Wirtschaft in den kommenden Monaten signalisiert. Doch Deutschland ist nur ein Teil von Euroland. Für die Aktien in Euroland sieht es nämlich besser aus. Vor allem eines lässt aufhorchen: Europäische Konzerne werden immer internationaler.

Europa wir immer internationaler

Im Jahr 2006 erzielten die Unternehmen des STOXX 600 noch 60 Prozent ihrer Umsätze in Europa und 40 Prozent in anderen Regionen. Mittlerweile haben sich die Verhältnisse nach Berechnungen der Deutschen Bank aber umgekehrt – der Anteil außereuropäischer Umsätze ist so hoch wie nie. Diese Internationalisierung ist besonders auf die Expansion europäischer Konzerne in Asien zurückzuführen. Der Anteil dortiger Umsätze hat sich im gleichen Zeitraum auf 20 Prozent verdoppelt. Damit ist Asien hinter Nordamerika – also den USA und Kanada, wo die STOXX 600-Firmen 25 Prozent der Umsätze erzielen – die zweitwichtigste außereuropäische Region. Davon profitieren auch die Unternehmen in unserem Contrarian Value Euroland Fonds, der mit einem Plus von 18,6 Prozent seit Jahresbeginn zu den besten Fonds seiner Peer Group gehört.

Worauf kommt es aber bei der Titelauswahl für das kommende Jahr an? Das Portfolio sollte möglichst wetterfest sein, denn es ist davon auszugehen, dass die Märkte auch 2024 wieder mit Dellen und Rücksetzern rechnen müssen. Deshalb sind folgende Kriterien für uns wichtig bei der Titelauswahl: eine gesunde Bilanzqualität, geschaffen durch Thesaurierung von Gewinnen, die sich auch im Cashflow widerspiegeln. Meist sind es Familienunternehmen mit langer Tradition, die auch schon so manche Krisen überstanden haben und nicht an einer schnellen Steigerung des Aktienkurses interessiert sind. Sie sollten eine sehr solide Bilanz haben. Und optimal ist es dabei, wenn diese Unternehmen in einem oligopolistischen Markt aktiv sind.

Savencia: Käse, nichts als Käse!

Ein schönes Beispiel ist hier der französische Molkereikonzern Savencia, bei dem sich alles um Käse und andere Milchprodukte dreht. Mit einem Umsatz von rund 7 Milliarden Euro beschäftigt die SAVENCIA Fromage & Dairy über 21.500 Mitarbeiter weltweit. Ihre Produkte findet man in 120 Ländern, darunter Brasilien, USA, Japan, China und ganz Europa. In Deutschland ist man mit Sorten wie Geramont, Bresso, Fol Epi oder Milkana sogar Marktführer. Dabei ist das Unternehmen familiengeführt. Die Familie Bongrain hält über eine Holding 58,5 Prozent des Kapitals von Savencia SA und führt den Konzern mit ruhiger Hand durch alle konjunkturellen Höhen und Tiefen. Dabei ist die Aktie mit einem KGV von 8 auch nicht hoch bewertet.

Das ist nur ein Beispiel aus dem Contrarian Value Euroland Fonds. Aber mit einem durchschnittlichen Portfolio-KGV zwischen 5 und 6 und einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,6 sehen wir uns gut aufgestellt, auch wenn wir 2024 bestimmt wieder so manche Höhen und Tiefen durchleben werden.

Der Autor: Hans Peter Schupp ist Vorstand der FIDECUM AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds