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Value Kolumne von Hans Peter Schupp

23. OKTOBER 2023

Investments in Hypes haben sich selten bewährt!

Der Hype um Aktien, bei denen Künstliche Intelligenz eine Rolle spielt, ist enorm. Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) sind trotz der aktuellen Korrektur der Märkte immer noch gewaltig. Bei NVIDIA lag das KGV zeitweise über 200. Wobei man zugeben muss, dass die jüngsten Quartalszahlen durchaus überzeugt haben. Rechtfertigt das aber ein so hohes KGV? Aus unserer Sicht nicht. Denn es ist unklar, wie sich das Unternehmen auch in Zukunft, bei der sich rasant entwickelnden Forschung im KI-Bereich, schlagen wird.

Wer zählt auch noch in 10 Jahren zu den Gewinnern?

Hier soll nicht angezweifelt werden, dass KI die Wirtschaft einen Riesenschritt nach vorne gebracht hat und weiterbringen wird. Sie wird unser Leben und die Wirtschaft weiter revolutionieren. Aber: Auf welche Unternehmen soll man als Investor setzen? Wer überlebt die nächsten 5 bis 10 Jahre? Allein in Deutschland gibt es knapp über 2.800 Startups, die sich mit Künstlicher Intelligenz beschäftigen. Ist da ein neues Microsoft dabei? Und wenn ja, welche von den unzähligen Ideen-Schmieden ist es? Klar, dass sich weiterhin Giganten wie Alphabet, Amazon & Co. vorne tummeln werden. Aber die „Magnificent Seven“, wie Apple, Meta und all die anderen Tech-Riesen sind schon ambitioniert bewertet. Und: Wer von ihnen wird schlussendlich dauerhaft zu den Gewinnern gehören?

„Alte“ Unternehmen haben sich auch in Krisen bewährt

Warum nicht stattdessen in bereits etablierte Unternehmen investieren, die zwangsläufig schon viele Krisen überlebt haben. Diese sollten bessere Zukunftsaussichten haben als die Newcomer der Stunde. Die Mehrheit der heißen IPOs und Spacs aus dem wilden Boom der Jahre 2020 und 2021 dürften die nächste Krise eher nicht überleben. Ihre Produkte und Prozesse sowie ihre Bilanzen waren bisher noch zu selten irgendwelchen Stresstests ausgesetzt.

Nur ein Tech-Riese schlug über die vergangenen 20 Jahre den S&P 500

Viele Investoren kaufen jedoch immer wieder gerne den neusten Modetrend und versprechen sich davon fantastische Gewinne. Sie reiten den jüngsten Hype. Dabei wird jedoch für junge Zukunftsaktien meist viel zu viel bezahlt. Deshalb gehen viele dieser Investments auch nur selten auf. Rob Arnott von Research Affiliates hat mit Blick auf den aktuellen Hype um Künstliche Intelligenz und NVIDIA untersucht, was aus den Superstars der Tech-Blase des Jahres 2000 geworden ist. Von den zehn größten Tech-Aktien schaffte es mit Microsoft nur eine einzige, bis heute besser als der S&P-500-Index abzuschneiden – und dies auch erst dank der jüngsten Rally. Davor waren auch Microsoft-Aktionäre lange 18 Jahre hinter dem Index zurückgeblieben.

Bewährte Geschäftsmodelle bevorzugt

Wir halten uns bei unserem Contrarian Value Euroland Fonds eher an bewährte Geschäftsmodelle, die schon so manche Krise erfolgreich überstanden haben.

Wie wäre es mit Käse? Savencia ist ein solches Unternehmen. Kennen Sie Géramont, Fol Epi, Bresso oder Milkana Sahneaufstrich? Die meisten von Ihnen werden womöglich aktuell Produkte von Savencia im Kühlschrank haben. Die alle kommen aus Frankreich – und zwar schon seit 1956. Die Produkte werden weltweit vertrieben und das mit einem jährlichen Umsatz von rund 6,5 Milliarden Euro. Das Unternehmen hatte in den letzten 25 Jahren nie ein negatives Ergebnis – und das, ob wohl es in dieser Zeit einige Krisen zu bewältigen gab.

Ein weiteres Beispiel ist Koenig & Bauer. 1814 wurde die erste Druckmaschine gebaut, und zwar für die britische „Times“. Koenig & Bauer hat schon viele Krisen durchlebt und auch so manchen Krieg überstanden. Und nicht nur das: Sie mussten auch jede Menge technische Innovationen „überleben“ – und haben sich dabei immer wieder ihre Nische gesucht und gefunden, wie etwa in der Gelddruckindustrie. Und heute können Kunden den Würzburgern geben, was sie wollen. Koenig & Bauer bedruckt alles. Werbemittel, Verpackungen, einfach alles.

Auch die „Alten“ setzen auf Künstliche Intelligenz

Und zum Schluss noch ein Unternehmen, dessen Produkte auch in fast jedem Haushalt zu finden sind: Die französische BIC Group. Ob Kugelschreiber, Einwegfeuerzeug oder Rasierer. Nichts Besonderes, alles nur kleinere Dinge des täglichen Gebrauchs. Aber damit macht BIC rund 2 Milliarden Euro Umsatz und erzielt ein operatives Ergebnis von über 300 Millionen Euro.

Auch der Medizin- und Sicherheitstechnikkonzern Drägerwerk, oder der italienische Kaffeemaschinenhersteller De‘Longhi gehören in diese Kategorie. Sie sind allesamt alteingesessene Familienunternehmen, die sich immer wieder auf die sich ändernden Wettbewerbssituationen eingestellt haben. Übrigens: Sie alle setzen auch Künstliche Intelligenz ein, etwa in der Prozessoptimierung und bei der Entlastung von Routinearbeiten. Sie gehen halt mit der Zeit, ohne Milliarden investieren zu müssen.

Der Autor: Hans Peter Schupp ist Vorstand der FIDECUM AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds