Value Kolumne von Hans Peter Schupp
8. NOVEMBER 2023
Hohe Zinsen begünstigen Value-Investments
Jahrzehntelang galt die Formel: Den Geldmarkt bestimmt die Notenbank, und der Anleihenmarkt ergibt sich aus Angebot und Nachfrage. Daraus konnte man anhand der Zinsstrukturkurve die Konjunkturerwartungen ablesen.
Notenbank „manipuliert“ den Anleihenmarkt
Aufgrund der Rückkaufprogramme – zunächst nur von Staatsanleihen und später auch von Unternehmensanleihen – galt dies auf einmal nicht mehr, da die Europäische Zentralbank (EZB) nicht mehr nur den Geldmarkt – was ihre primäre Aufgabe ist – sondern nun auch den Anleihenmarkt bestimmt, man könnte schon fast sagen: „manipuliert“ hat. Diese Rückkaufprogramme laufen inzwischen aber aus, und das hat Konsequenzen. Von der Theorie her bestimmt sich der Kapitalmarktzins aus der Gelderhaltung und einer Prämie für die spätere Verwendung zum Konsum. Hinzu kommt ein Kontrahenten-Risiko, das in Betracht gezogen werden muss. Denn durch die Eingriffe der Zentralbank in den Anleihenmarkt ist der Kapitalmarktzins künstlich niedrig gehalten worden.
Lassen sie uns also auf den Wesenskern des Zinses, „die Inflation“ zurückgreifen. Langfristige inflationsgeschützte Anleihen preisen aktuell eine Preissteigerung von nur rund 2,4 Prozent ein. Ist das realistisch? Kurzfristig helfen im aktuellen Szenario Basiseffekte, die rückläufig sind. Und auch die schwache Konjunktur wird inflationshemmend wirken. Mittelfristig wird aber der Arbeitskräftemangel die beginnende Lohn-Preis-Spirale beflügeln. Hinzu kommt, dass die Demografie – die Babyboomer werden Rentner – inflationsfördernd sein wird. Nicht zu vergessen die Risiken auf dem Energie-Markt, wo es durch einen möglichen Flächenbrand bei den Auseinandersetzungen im Nahen Osten schnell zu extremen Preissprüngen kommen kann. Hinzu kommt, dass deflationäre Effekte der Vergangenheit auslaufen.
Das bedeutet, dass die Inflation zwar rückläufig ist, dass aber die Zinsen noch für eine ganze Weile hoch bleiben werden. Dies hat die EZB nach ihrer jüngsten Zinsentscheidung klar gemacht. Hinsichtlich der kurzfristigen Konjunkturentwicklung in der Eurozone äußerte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde zudem skeptisch.
Die Zinsen werden noch eine Weile hoch bleiben – das begünstigt Value-Investments
Weiterhin hohe Zinsen – was bedeutet das für Value-Investoren wie uns mit unserem Fidecum Contrarian Value Euroland Fonds? Die Marktteilnehmer kannten über Jahre nur fallende Zinsen. Entsprechend hat das Value-Segment seit 2007 unterperformt. Nun aber befinden wir uns in einem Umfeld hoher Zinsen. Und das begünstigt unseren Value-Stil. Denn diese neuen Rahmenbedingungen führen bei den noch immer hohen Bewertungen vieler Growth-Aktien zur Gefahr einer weiteren erheblichen Downside, wie wir sie bereits in den vergangenen ein, zwei Jahren erlebt haben. Investoren zahlen also in vielen Fällen zu viel für diese Titel.
Als Value-Investoren können wir aber über unsere Werte im Portfolio sagen: Bei aller Unsicherheit, die wir stets in den Kapitalmärkten haben, ist bei unseren Werten eine bessere Vorhersehbarkeit der Cashflows gegeben. Das generiert eine nicht zu unterschätzende Sicherheit für uns als Investoren. Viele Wachstumsunternehmen sind nicht in der Lage, diese Cashflows zu verdienen. Oder das Geschäftsmodell muss durch Marketingausgaben und andere Investitionen noch so strukturiert werden, dass am Ende für den Aktionär weniger übrigbleibt.
Das KGV im Fidecum Contrarian Value Euroland Fonds liegt bei moderaten 5 bis 6
Wir gehen den gegenteiligen Weg, denn das historische Alpha liegt in Phasen hoher Inflation und hoher Zinsen bei mehr als 6 Prozent für Value. Neben Finanzwerten profitieren Industrie-, Energie- und Rohstofftitel besonders von einem Umfeld steigender Zinsen. Und genau solche Titel findet man derzeit im Fidecum Contrarian Value Euroland Fonds, wie etwa die Deutsche Bank, Aegon, Renault oder Bertrandt. Auch die historische Durchschnittsbewertung für Value-Aktien lässt eine Outperformance erwarten. Und nicht zu vergessen: Trotz der jüngsten Aufholjagd ist das Value-Segment immer noch günstig bewertet, und dies bei einer gesunden Balance zwischen Gewinnwachstum, Kurssteigerungen und Bewertung. Das durchschnittliche KGV aller Titel in unserem Fonds liegt übrigens bei moderaten 5 bis 6.
Der Autor: Hans Peter Schupp ist Vorstand der FIDECUM AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds