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Value Kolumne von Hans Peter Schupp

18. JUNI 2024

Auch Källenius wird Mercedes nicht zerstören

Hans Peter Schupp,managing partner of Fidecum and Portfoliomanager of the Contrarian Value Euroland Fund (ISIN: LU0370217092) über die Vorteile von Aktienrückkaufprogrammen

Mal wieder ein Schock für die Autoindustrie! Die EU-Kommission hat nämlich angekündigt, in China produzierte Pkw ab dem 4. Juli mit satten Zollaufschlägen von bis zu 38 Prozent zu belegen – zusätzlich zu den ohnehin fälligen 10 Prozent. Die Zufriedenheit, mit der EVP-Chef Manfred Weber (CSU) die von Kommissionschefin Ursula von der Leyen kommunizierte Entscheidung zum Schutz der hiesigen Autobauer zur Kenntnis nahm, bringt viele Automanager aber in Rage. Es drohen nun Vergeltungsmaßnahmen aus dem Reich der Mitte, die die deutschen Autobauer viel härter treffen würden, als ihnen die Importschranken für in China produzierte Fahrzeuge nutzen. Gut gemeint ist halt nicht gut gemacht!

Die Investoren schätzten die Lage genau wie die Autobauer ein. Die Kursverluste nach der Ankündigung sprachen eine deutliche Sprache. Während die Aktien von BMW, Mercedes, Porsche und Volkswagen fielen, stiegen die Titel des weltgrößten E-Auto-Herstellers BYD zeitweise um bis zu 9 Prozent.

Herber Schlag für Mercedes – mal wieder

Vor allem für Mercedes ist es mal wieder ein herber Schlag. Aber das kennen die Stuttgarter mittlerweile zur Genüge. Kaum ein Unternehmen hat in den letzten 40 Jahren so viel Wandel überlebt wie Mercedes. 1926 bildeten die Daimler-Motoren-Gesellschaft mit der Benz & Cie. unter Druck der Banken die Daimler-Benz AG. Das war keine Liebeshochzeit. Das Unternehmen prosperierte, scheiterte jedoch an der Übernahme von BMW durch den Widerstand der Kleinaktionäre und der BMW-Händler.

Einen Wandel vom profitablen Automobilhersteller zum Mobilitätskonzern war dann unter der Ägide Edzard Reuter (CEO 1987-1995) geplant. Er wollte aus dem Automobilunternehmen Daimler-Benz einen „integrierten Technologiekonzern“ schaffen und kaufte MTU, Dornier, AEG und Messerschmitt-Bölkow-Blohm sowie eine Beteiligung an Fokker. Aber: Fast alle seine Investitionen führten zu einem totalen Verlust.

Misslungene „Hochzeit im Himmel“ und „Bullshit Castle“

Danach folgte Jürgen Schrempp (CEO 1995-2006) mit der „Hochzeit im Himmel“. Kurz zusammengefasst war seine Philosophie „Im Daimler Reich soll die Sonne niemals untergehen“. Aber auch: Das deutsche Management muss amerikanisch bezahlt werden. Letzteres hat er sehr erfolgreich umgesetzt. Seine Fusion mit Chrysler und die Beteiligung an Mitsubishi Motors kosteten den Konzern abermals Milliarden. Der zunächst als „Cowboy“ verlachte Dieter Zetsche hat von 2006 bis 2019 einen sehr guten Job gemacht. Er hat sich auf das Automobilgeschäft konzentriert und das Unternehmen geräuschlos verschlankt. Die noch von seinem Vorgänger als „Bullshit Castle“ bezeichnete Konzern Zentrale in Stuttgart-Möhringen wurde geschlossen. Mercedes – oder damals noch Daimler AG – war unter seinem Vorsitz ein sehr profitabler Automobilhersteller.

„Bauchlandung für Mercedes EQS, EQE – und Ola Källenius“

Seit 2019 regiert der Chef Ola Källenius. Er kreierte erstmal einen neuen Namen und ein neues Logo. Aus der Daimler AG wurde die Mercedes Group und aus Mercedes Benz LKW die Daimler Truck AG. Schon allein durch diese Namensverwirrungen hat er sich seinen Platz in der Genealogie des Unternehmens gesichert. Er hat das margenschwächere Geschäft mit schweren Lastwagen und Bussen an die Börse gebracht, um sich zu „100 Prozent“ auf das Geschäft mit noblen Pkws und Vans der Marke mit dem Stern zu fokussieren. Nun sieht jeder Kunde mit einem Blick in den Geschäftsbericht wie überteuert die PKWs sind. Und: Sein Ziel war es, bereits bis Ende der Dekade nur noch Elektroautos zu verkaufen. Ein mutiger Schritt, bis dahin war die Mercedes S-Klasse eines der profitabelsten Autos der Welt. Wie beim Roulette „rien ne va plus“ hat der zum CEO avancierte frühere Vorstand für E-Mobilität Källenius alles auf diese Karte gesetzt. Zunächst mit viel Erfolg. Das neue Flagship wurde der EQS. Doch die Folge war: „Bauchlandung für Mercedes EQS, EQE – und Ola Källenius“ titelte die Auto Motor Sport. Und mit „Zurück auf Los – Mercedes steuert wieder in die Verbrenner-Welt“ legte das Manager Magazin nach. Dass jetzt noch die EU den Stuttgartern in die China-Suppe spuckt, ist kaum noch der Rede wert.

Renault: Geschickt aufgestellt und hochprofitabel

Da sind wir froh, dass wir in Renault investiert sind. Sehr geschickt setzt der Konzern auch weiterhin auf Verbrennungsmotoren, wohl wissend das in der EU ab 2035 nur noch CO2- emissionsfreie Motoren zugelassen werden. Mit dem chinesischen Hersteller Geely wurde ein Joint Venture gegründet um im gemeinsamen Unternehmen „Horse Powertrain Ltd.“ Hybrid- und Verbrennungsantriebe zu entwickeln und zu produzieren und gegebenenfalls das Geschäft geräuschlos herunterzufahren. Die hohen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen für die E-Mobilität werden ebenfalls von einer Tochtergesellschaft Namens Ampere erbracht. Ursprünglich war die es Idee, dieses Unternehmen an die Börse zu bringen. Aufgrund guter Cash-Flow Prognosen aus dem klassischen Automobilgeschäft war der Börsengang dann nicht mehr notwendig.

Hieran zeigt sich mal wieder: Bei unserem seit mehr als 25 Jahren bewährten Investmentansatz suchen wir nach unterbewerteten Firmen mit nachvollziehbarem Geschäftspotential. Dabei investieren wir wie ein Unternehmer, der nach Chancen sucht, auch wenn er damit gegen die herrschende Marktströmung schwimmt. Und in diese Philosophie passt Mercedes zurzeit nicht hinein.

Der Autor: Hans Peter Schupp, Vorstand der Fidecum AG und Portfoliomanager des Contrarian Value Euroland Fonds.